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Gesellschaftliche Dimensionen der Informatik im Schulunterricht

 

Jochen Koubek, Constanze Kurz

Humboldt-Universität zu Berlin
Institut für Informatik
Unter den Linden 6
10099 Berlin
jochen.koubek AT hu-berlin.de
frau AT informatik.hu-berlin.de

 

Zusammenfassung:
Ein selbstbestimmter, verantwortungsvoller und sicherer Umgang mit Informatiksystemen bedingt neben technischem Sachverstand auch Kenntnisse über gesellschaftliche Wechselwirkungen dieser Techniken. In einem mehrstufigen Forschungsprogramm werden an der Humboldt-Universität zu Berlin die fachlichen Grundlagen zusammen mit didaktischer Begleitung in Form von Unterrichtsentwürfen und Lehrmaterial entwickelt und veröffentlicht.

Abstract:
Besides mere technical competencies, the responsible use of computer systems should take care of the socio-cultural interdependencies of information technology. The fundamentals of these dimen-sions are currently developed at the Humboldt-University of Berlin and will be published in form of course concepts and teaching material.



Einleitung

Seit der Gründung der informatischen Fakultäten, Institute oder Arbeitsgruppen an deutschen Universitäten in den frühen 70er Jahren gehört die Reflexion gesellschaftlicher Wechselwirkungen der Informationstechnologien zur akademischen Ausbildung "irgendwie" dazu. Dazu gehört sie, weil es in den stark politisierten Nach-68ern undenkbar erschien, ein neues Fach ohne gesellschaftspolitische Sekundanten einzurichten. Was in den etablierten Gründerfächern Mathematik und Elektrotechnik nicht mehr möglich war, sollte zumindest ihrem gemeinsamen Kind nicht fehlen. Dass die Dazugehörigkeit der gesellschaftlichen Dimensionen lange Zeit ein "irgendwie" war, zeigt sich sowohl an der reservierten Einstellung vieler Studierenden zu diesen "weichen" Themen [FR01], als auch an der Stellenpolitik der meisten Hochschulen [EN03]. Erfolgreiche Spin-Offs wie Fragen der Sicherheit von Computersystemen oder der Gestaltung von Mensch-Maschine-Schnittstellen haben sich allerdings als eigenständige Forschungszweige etablieren können. Zurück blieben Klassiker wie "Computer-Ethik", "Datenschutz" oder "Geschichte der Informatik".

Seit dem allgemein sichtbaren Übergang der Industrie- zur Informationsgesellschaft haben seit Mitte der 90er Jahre neben diesen Evergreens zahllose große und kleine Themen den gesellschaftskulturellen Horizont der Informatik erweitert. Zu nennen seien hier nur die digitale Wissensordnung zwischen Allgemeingut und geistigen Eigentumsansprüchen, die ökologisch nachhaltige Entwicklung von Computersystemen oder der Einsatz des Computers als Medium. Sie bergen Fragen von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung, und nicht zuletzt zeigen sich an den Aushandlungen um Urheber- und Patentrecht, um Energiepolitik und Datenschutz die Demarkationslinien einer globalisierten Gesellschaft, die sich neu positionieren muss.

Ein selbstbestimmter, verantwortungsvoller und sicherer Umgang mit Informatiksystemen bedingt daher neben technischem Sachverstand auch Kenntnisse über gesellschaftlichen Verknüpfungen und Wechselwirkungen dieser Techniken [KO05b]. Konsequenterweise sind diese Kenntnisse eine der tragenden Säulen informatischer Bildung im Schulunterricht [GI00]. Dennoch ist die Situation an den Schulen ähnlich zu denen der Hochschulen: Während niemand im offenen Diskurs die Bedeutung der gesellschaftlichen Dimensionen anzweifelt, werden sie in der Ausbildung allzu oft vernachlässigt. Obwohl Themen im Bereich Informatik & Gesellschaft bereits in vielen Lehrplänen verankert sind, ist es häufig der Entscheidung der Lehrkräfte überlassen, sie in den Unterricht zu integrieren. Aufgrund ihrer Komplexität wird vielerorts darauf verzichtet. Auf Rückfragen werden von Lehrern für diesen Umstand regelmäßig fünf Argumente angeführt:

  1. Es fehlt an Sachkenntnis auf der Lehrerseite. Wer glaubt, dass jede Privatkopie eine Raubkopie ist, kann nicht zu einem mündigen Umgang mit digitalen Medien erziehen.
  2. Es fehlt an Methodenkenntnis auf Lehrerseite. Wer nicht weiß, in welcher Form, in Hinblick auf welche Kompetenzen und mit welchen Medien ethische Fragen in der Klasse angesprochen werden, kann nicht über Raubkopien, Netikette oder Hacking sprechen.
  3. Es fehlt an Unterrichtsmaterial. Die Grundlagen müssen geeignet didaktisch aufbereitet werden, um sie den Vorkenntnissen und Voraussetzungen der Schüler entsprechend anzupassen.
  4. Es fehlt an Verknüpfungen. Die vereinzelt auffindbaren Unterrichtsentwürfe müssen in größere Unterrichtseinheiten mit technischem Bezug eingebaut werden, damit sie nicht als fakultative Angebote an den Jahresrand gedrängt werden, bzw. dort hinunter fallen.
  5. Dafür sind andere Fächer zuständig, vor allem der Politik- oder der Sozialkundeunterricht. Wer so spricht, weiß allerdings nicht, was diese Fächer leisten können und wollen und was nicht.

Gesellschaftliche Themen im Informatikunterricht

Um zumindest einige dieser Mängel zu lindern, wurde ein mehrstufiges Forschungsprogramm initiiert, dessen erste Schritte bereits erfolgreich umgesetzt wurden. Damit sollen Gegengewichte zu den Argumenten 1-4 geliefert werden, indem Materialien zur Sach- und Methodenschulung in ausreichender Menge, modularem Aufbau, vertikaler Differenzierung sowie in verknüpfbarer Form geschaffen und bereitgestellt werden.

  • Ausreichende Menge bedeutet, dass möglichst viele Themen berücksichtigt werden, um ein Reservoir anbieten zu können, aus dem je nach Bedarf geschöpft werden kann.
  • Modularer Aufbau bedeutet, dass die verschiedenen Themen nicht voneinander abhängen, sondern unabhängig voneinander bearbeitet werden können.
  • Vertikale Differenzierung bezieht sich auf die Einsatzmöglichkeit im gesamten Bildungssystem in jeder Kompetenzstufe. Diese didaktische Reduktion bezieht sich sowohl auf die Arbeitsmaterialien als auch auf die dazugehörigen Unterrichtsentwürfe.
  • Die verknüpfbare Form meint schließlich die Möglichkeit, die Unterrichtsmaterialien in technische Unterrichtseinheiten eingliedern zu können, um die Vieldimensionalität informatischer Bildung zu betonen.

Die genannten Anforderungen definieren ein Forschungsprogramm für mehrere Jahre. Die einzelnen Projektabschnitte erfolgen nicht notwendig in der genannten Reihenfolge, wichtiger erschien es zunächst, Substanz zu schaffen, die anschließend verarbeitet und aufbereitet werden soll. Als epistemologische Metapher wurde der Begriff der Dimension gewählt, der deutlich macht, dass gesellschaftliche Kontexte nicht erst oberhalb der informationstechnischen Anwendungsschicht beginnen, sondern orthogonal zur Technik in allen Schichten erkennbar sind. Dementsprechend gibt es eine ethische, rechtliche, ökonomische, kulturelle oder ökologische Dimension der Informatik [KO05b, KO05c].

Sachanalyse

Die inhaltliche Aufbereitung verschiedener Dimensionen am jeweils aktuellen Forschungsstand erfolgt an der Humboldt-Universität zu Berlin seit vielen Jahren in dem Kurs "Informatik & Informationsgesellschaft". Dieser Kurs setzt sich aus zwei Halbkursen zusammen, die jeweils aus einer Vorlesung im Umfang von 4 SWS sowie einer Übung im Umfang von 2 SWS bestehen. Der Schwerpunkt im ersten Teil liegt auf den digitalen Medien, im zweiten Teil wird stärker auf die gesellschaftlichen Wechselwirkungen eingegangen:

Informatik & Informationsgesellschaft I: Digitale Medien
Computer lassen ihre eigentliche Bestimmung durch Multimedia und Vernetzung erkennen: Es sind digitale Medien, die alle bisherigen Massen- und Kommunikationsmedien simulieren, kopieren oder ersetzen können. Die kurze Geschichte elektronischer Medien vom Telegramm bis zum Fernsehen wird so zur Vorgeschichte des Computers als Medium. Der Prozess der Mediatisierung der Rechnernetze soll in Technik, Theorie und Praxis untersucht werden. Die Übung soll die Techniken der ortsverteilten und zeitversetzten Lehre an Hand praktischer Übungen vorführen und untersuchen.

Informatik & Informationsgesellschaft II: Technik, Geschichte, Kontext
Informatik als Technik wird in ihrer Entwicklung unter gesellschaftlichen Randbedingungen betrachtet, die mit wachsender Verbreitung ihrerseits die Gesellschaft transformiert ? von einer industriell geprägten Arbeitsgesellschaft mit nationalstaatlicher Organisation zu einer globalen "Informationsgesellschaft". Dieser (durchaus problematische) Begriff beschreibt eine Vielzahl unterschiedlicher und widersprüchlicher Entwicklungen von den globalen Finanznetzen über das Internet als Kommunikations- und Medienraum bis zu militärischen Planspielen des Information Warfare. In der Veranstaltung sollen diese komplexen Beziehungen entfaltet werden.

Die Veranstaltungsdurchführungen wurden in den Jahren 1999-2001 von der DFN-Gesellschaft im Rahmen eines Tele-Teaching-Programms gefördert und wurden über viele Jahre als ortsverteilte und zeitversetzte Vorlesung und Übung an zwei Standorten der Humboldt-Universität angeboten [CO99]. Das hieraus entstandene digitale Material wurde den Studierenden anfangs auf CD, später online in Form von Quicktime-Movies zur Verfügung gestellt. Seit dem Wintersemester 2006/2007 werden die Vorlesungsfolien als PDF, die Audio-Mitschnitte getrennt davon als MP3-Dateien und als Podcasts veröffentlicht. Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass viele Studierende die Veranstaltung nicht nur am Computer nachbereiten, sondern auf portablen Audio-Playern anhören möchten.

Für den Kurs "Informatik und Informationsgesellschaft" stehen mittlerweile knapp 4.000 zum größten Teil bebilderte Folien und mehr als 85 Stunden Podcasts zum Download zur Verfügung.

Aus didaktischer Sicht können die Vorlesungen als Vorstufe zu einer Sachanalyse betrachtet werden, wobei sie nicht im Hinblick auf eine didaktische Reduktion konzipiert wurden. Sie orientieren sich vielmehr an dem Modell einer vieldimensionalen Informatik und behandeln u.a. die Dimensionen Ästhetik, Ethik, Geschichte, Information, Medien, Ökologie, Ökonomie, Recht, Sicherheit und Technik der Informationsgesellschaft. Jeder dieser Dimensionen werden verschiedene Vorlesungen zugeordnet, die sie unter verschiedenen Aspekten behandeln.

Der nächste Schritt bestand darin, die Kerninhalte der einzelnen Dimensionen in Unterrichtseinheiten zu transformieren, um sie für den Einsatz im Schulunterricht vorzubereiten.

Didaktische Transformationen

Zu diesem Zweck wurde im Schuljahr 2005/2006 eine Schüler-Arbeitsgruppe "Computer - Mensch - Gesellschaft" geplant, ausgerichtet und durchgeführt. Die Ziele der AG waren auf zwei Ebenen angesiedelt, einerseits auf der Unterrichts-, andererseits auf der Projektebene.

  • Die Unterrichtsziele orientieren sich an den IMG-Kompetenzen der zurzeit entwickelten Leitlinien für informatische Bildung, wie sie im Rahmen der INFOS 2007 vorgestellt wurden [FR07].
  • Auf Projektseite sollte einerseits ein Proof-of-Concept erreicht werden, um zu zeigen, dass eine didaktische Reduktion der wichtigsten gesellschaftlichen Dimensionen möglich ist und zu handhabbaren Unterrichtsentwürfen führt. Damit wurde ausreichend Material geschaffen, das im weiteren Projektverlauf zu den erwähnten verknüpfbaren Modulen führen soll. Mit dem angesammelten Material ist ein einjähriger Informatik-Kurs mit zwei Stunden pro Woche ausschließlich mit Inhalten im Bereich IMG möglich. Das ist mehr als diesen Themen üblicherweise in einem Leistungskurs in der gesamten Oberstufe zugestanden wird.

Bevor die Unterrichtseinheiten vorgestellt werden, sei auf die Rahmenbedingungen der AG verwiesen, die bei den weiteren Überlegungen nicht außer Acht gelassen werden dürfen.

Die AG wurde zu Beginn des Schuljahres 2005/2006 ausgeschrieben mit dem Hinweis:

"Informatik ist nach unserem Verständnis ein disziplinübergreifendes Fach, das insbesondere gesellschaftliche, kulturelle und technische Dimensionen umfasst. Die Auswahl der AG-Themen richtet sich danach, wie viel Raum sie in diesen Dimensionen einnehmen können. Geplant sind Einheiten zu den Themen Geschichte der Rechentechnik, Computer & Ethik, Informationsrecht, Datenschutzrecht und Informationelle Selbstbestimmung, Urheberrecht und Geistiges Eigentum, P2P-Netze, Kryptographie, Digitale Ökonomie, Computer und Umwelt und kulturelle Produktionen. Die Themen werden über ihre gesellschaftlich-kulturelle Bedeutung motiviert, und diese Kontexte werden gleichrangig zu den technischen Inhalten behandelt. Technische Kompetenzen werden dabei vermittelt, sie stehen aber nicht alleine im Mittelpunkt. Die AG orientiert sich am Vertiefungsgebiet Informatik & Gesellschaft des Berliner Rahmenlehrplans Informatik. Darüber hinaus wird ein besonderes Augenmerk auf die Methodik des wissenschaftlichen Arbeitens sowie auf Techniken der Wissenspräsentation und -darstellung gelegt."


Insgesamt haben 10 Schülerinnen und Schüler aus gymnasialen Oberstufen regelmäßig an der AG teilgenommen. Wie bei einem freiwilligen Kurs nicht anders zu erwarten, handelte es sich bei den Teilnehmern keineswegs um durchschnittliche (Informatik-) Schüler, sondern vielmehr um engagierte und motivierte Jugendliche, die ganz bewusst das ausgeschriebene Angebot wahrgenommen haben, die nicht-technische Seite der Informatik näher kennen zu lernen. Insofern können die sehr positiven Erfahrungen und Rückmeldungen nur bedingt auf beliebige Lerngruppen übertragen werden. Nicht zuletzt die technikzentrierten Informatik-Freaks fehlten, wenngleich grundsätzlich eine stabile informationstechnische Grundkenntnis vorhanden war.

Allerdings gibt es Anzeichen dafür, dass mit den behandelten Themen mehr Schülerinnen für informatische Themen interessiert und begeistert werden können, die verschiedenen Beobachtungen zufolge verstärkt Fragen nach dem Sinngehalt und Mehrwert von Technik stellen und für die Computer weniger Selbstzweck als Mittel zum Zweck sind. Die Einbettung von Informationstechnologien in gesellschaftliche Sinnzusammenhänge bedient gerade diese Neugier und befördert den Wunsch, den technischen Hintergrund besser verstehen zu können.

Anzeichen für diese These zeigen Rückmeldungen der Teilnehmerinnen der AG, die sich durchweg von den behandelten Themen angesprochen fühlten und gern mehr technischen Hintergrund bekommen hätten. Dies wird auch durch die Erfahrungen an der Universität Bremen bestätigt, in der nicht zuletzt durch systematische Integration von gesellschaftlichen Themen in alle Lehrveranstaltungen der Frauenanteil im Informatikstudien im Wintersemester 2004/2005 auf fast 30% gesteigert werden konnte (vgl. [SC04], S. 59).

Dass diese Themen aber keine Selbstläufer für die gezielte Förderung von Mädchen sein müssen, zeigen andere Beobachtungen. So blieb das Diskussionsverhalten innerhalb der typischen geschlechtsspezifischen Unterschiede. Während die Jungen schnell den Finger oben hatten oder einfach mal das eine oder andere Argument ausprobierten bzw. ihr Hintergrundwissen zu dieser oder jener Frage in den Raum stellten, waren die Mädchen tendenziell reflektierter und überlegter, begnügten sich dadurch oft mit der Rolle der Zuhörerinnen. Auch blieben sie bei Gruppenarbeiten häufig unter sich, konnten dabei aber natürlich mit den Jungen mithalten. Diese Beobachtungen decken sich also mit systematischeren Untersuchungen zum koedukativen Unterricht [WU04].

Unterrichtseinheiten

Geschichte der Informatik: Zwei Methoden haben wir erfolgreich erproben können: Einerseits eignen sich historische Themen sehr gut für Schülerreferate. Es gibt inzwischen viele zum Teil ausgezeichnete Online-Quellen, die Lehrern und Schülern mit vertretbarem Rechercheaufwand zur Verfügung stehen. Bei freier Recherche dürfen allerdings Hinweise zum kritischen Umgang mit Quellen nicht fehlen, denn nicht notwendigerweise ist der erste Google-Treffer auch der beste.

Andererseits kann die Geschichte der Informatik eindringlich in einer Ausstellung zur Computergeschichte vermittelt werden, in der Geräte, Apparate und Maschinen noch den Geist ihrer Zeit ausstrahlen (vgl. [PE05]). Nicht in jeder Stadt gibt es hierzu die Gelegenheit, wir waren zu diesem Zweck im Technikmuseum Berlin, das sich zwar auf Zuse-Rechner beschränkt, aber auch hier die wichtigsten Etappen der Computergeschichte vor dem PC dokumentiert.

Geistiges Eigentum: Die Auseinandersetzung um die Wissensordnung der Informationsgesellschaft ist durch eine komplexe Durchmischung unterschiedlicher Interessenlagen geprägt. Als geeignete Methode, diese Komplexität zumindest in Grundzügen zu verdeutlichen, wurde daher das gelenkte Rollenspiel gewählt. Jeder Schüler übernahm dabei die Rolle einer Interessengruppe, vom Autor über den Verleger und Verwerter bis zu privaten und öffentlichen Rezipienten. Jede Interessengruppe sollte ihre Vorstellungen über den Umgang mit Werken vertreten und geeignete Maßnahmen zur Durchsetzung vorschlagen. Gelenkt wurde das Spiel durch die Lehrer, die als Ideen- und Impulsgeber auftraten und dafür verantwortlich waren, das Spiel innerhalb der gewünschten Bahnen zu halten. Die Ergebnisse des Spiels wurden in den folgenden Stunden ausgewertet. Insgesamt umfasste die Einheit zum geistigen Eigentum acht Unterrichtsstunden. Eine ausführliche Diskussion dieses Urheberrecht-Rollenspiels würde den hier zur Verfügung stehenden Rahmen überschreiten, es wird noch in einer eigenen Publikation vorzustellen sein. Zwei Anmerkungen sollen genügen:

  1. Auf Schülerseite zeigte sich ein ausgeprägtes Gespür für die verschiedenen Interessenlagen, bereits nach kurzer Zeit waren sie in der Lage, die Position der anderen zu übernehmen und zu vertreten. Überrascht waren sie bei Hinweisen, wie weit ihre Ideen zur Durchsetzung der Interessen der von ihnen übernommenen Positionen in der öffentlichen Diskussion bereits vorangeschritten sind, von rechtlichen bis zu technischen Maßnahmen.
  2. Ein gelenktes Rollenspiel erscheint im Rückblick als ideale Methode, gesellschaftspolitisch relevante Inhalte sowohl zu simulieren als auch durch die Lenkung in ihrer Komplexität zu reduzieren. Der erfolgreiche Spagat zwischen Simulation und Reduktion setzt allerdings Hintergrundwissen zu den Positionen der einzelnen Interessengruppen voraus, um im richtigen Moment mit den nötigen Impulsen die Ideen der Schüler zu verstärken oder zu bremsen. Es ist daher methodisch anzusiedeln zwischen lehrerzentriertem Unterrichtsgespräch und handlungsorientiertem Projekt.

Datenschutz: Die Unterrichtseinheit zum Datenschutz orientierte sich am Planspiel Jugend im Datennetz, das ursprünglich von Brandt, Heinzerling und Kempny für das hessische Institut für Bildungsplanung und Schulentwicklung entworfen wurde [BR91], und seither von verschiedenen Seiten weiter entwickelt wird (u.a. in [DO05]).

Ökologie: Zwei Doppelstunden wurden in dieser Einheit angeboten: (i) Die Sensibilisierung für den Energieverbrauch von Computern, durchgerechnet am geschätzten Verbrauch eines Computer-Pools. Die Angaben zur Leistungsaufnahme auf der Geräterückseite oder -unterseite ermöglichen in Zusammenhang mit der geschätzten Betriebsdauer eine Abschätzung des Energieverbrauchs, der leicht in anfallende Kosten umgerechnet werden kann. (ii) Ein weiteres wichtiges Thema im Bereich Computer und Ökologie ist der Elektroschrott. Hier bietet sich eine Exkursion in ein nahe gelegenes Recycling-Unternehmen an. Der Verantwortliche vor Ort verdeutlichte die Spielregeln der Abfallwirtschaft, die Kosten, die ein einzelner PC aufwirft, und beschrieb die ökologischen Probleme, die aus unsachgemäßer Produktion, Verwendung und Entsorgung entstehen können.

Kryptographie: Die Unterrichtseinheit umfasste drei Doppelstunden mit verschiedenen Schwerpunkten: (i) In der einführenden Stunde zu kryptographischen Verfahren wurden als Motivation der Einheit die wichtigsten Anwendungsgebiete erörtert. Anhand eines Rollenspiels erlernten die Schüler grundlegende Protokolle für den Schlüsselaustausch und erprobten mögliche Schwachstellen kryptographischer Kommunikation. Die Schüler versuchten im Rahmen des Rollenspiels anschließend, die zunächst vorgegebenen Protokolle zu verbessern. (ii) Als neues Thema wurde in der zweiten Unterrichtsstunde die Email-Verschlüsselung thematisiert. Die Sensibilität für die Gefahren bezüglich der Vertraulichkeit von Emails musste bei der Mehrheit der Schüler erst entwickelt werden. Gemeinsam wurde also herausgearbeitet, welche typischen Sicherheitsdefizite beim Versenden von Nachrichten auftauchen. In der Unterrichtsstunde bot es sich an, verfügbare freie Programme zur Email-Verschlüsselung wie GnuPG vorzustellen. Das Programm ermöglicht sowohl das Signieren als auch das Verschlüsseln von Nachrichten. Welche kryptographischen Algorithmen das Programm verwendet und wie man ein Schlüsselpaar erzeugt, wurde mit Hilfe von GnuPG vorgeführt. Die Hausaufgabe der Unterrichtsstunde war die selbständige Installation des Programms auf dem heimischen Rechner sowie die Dokumentation des Vorgehens. Eine verschlüsselte Email sollte als Beweis an den Lehrenden gesendet werden. Bis auf eine Ausnahme installierten alle erfolgreich das Programm und verschickten die geforderte Nachricht. In der Folge verwendeten die Schüler verschlüsselte Emails für die Abgabe weiterer Hausaufgaben sowie für Fragen, die sich nach dem Unterrichtseinheiten ergaben. (iii) Die dritte Unterrichtsstunde erweiterte das Wissen um die kryptographischen Protokolle aus der ersten Stunde. Mit vorgegebener Notation wurden komplexere Protokolle von den Schülern eigenständig nachvollzogen. Bereits nach kurzer Zeit waren sie in der Lage, die neu erlernte Notation auf neue Protokolle anzuwenden. In Gruppen von zwei oder drei Schülern stellten sie ihre Ergebnisse den übrigen Schülern vor.

Sicherheit: Die Schwachstellen und Sicherheitslücken heutiger Betriebssysteme und Anwendungssoftware nimmt in der Hochschul-Informatik einen größer werdenden Raum ein. Die Angriffe durch Schadcode verlagern sich derzeit vom Betriebssystem auf die Anwendungen, beispielsweise auf Email-Programme, Webbrowser oder Antiviren-Software. Eine Doppelstunde mit einem gelenkten Unterrichtsgespräch verdeutlichte die Angriffsvektoren beim Ausnutzen von Sicherheitslücken und stellte die wichtigsten Schadprogramme vor: Viren, Würmer und Trojaner. Mit den Schülern wurden dabei geeignete Maßnahmen zum Schutz des heimischen Computers diskutiert. Inhaltlich unterstützt wurde das Unterrichtsgespräch durch Folien. Einige der noch offenen Fragen zu Phishing und Spyware konnten erst in der folgenden Stunde ausgewertet werden. Die Unterrichtseinheit zur Sicherheit von Computern eignet sich aufgrund der Aktualität des Themas und der Fülle an Material auch für zwei Doppelstunden.

Ethik: Zwei Doppelstunden wurden zum Thema Informatik und Ethik angeboten: (i) Die Sensibilisierung der Schüler für ethische Dilemmata beim Einsatz von Computern wurde mit Hilfe zweier Fallbeispiele, welche die GI-Fachgruppe Informatik & Ethik erarbeitet hat, erstmals erprobt. Die anonymisierten Beispielfälle ethischer Konflikte sollten den Diskurs über die Verantwortung und die Verantwortlichkeit der Folgen des Einsatzes von IuK-Technologie einleiten. Keine andere Unterrichtsstunde hat die Schüler so intensiv zur Diskussion und zum Mitdenken angeregt, dass sie sogar das Ende der Doppelstunde ignorierten und in der Folge in zahlreichen Emails die Fallbeispiele weiter kontrovers diskutierten. (ii) In der zweiten Doppelstunde wurde als weiteres Thema die sogenannte Hackerethik diskutiert. Die den Schülern noch unbekannten Begriffe "White Hat, Grey Hat, Black Hat" wurden unterschieden und die Genese der Hackerethik sowie die zugrunde liegenden Wertvorstellungen und der moralische Anspruch von Hackern, die sich freiwillig einer Hackerethik unterwerfen, vorgestellt.

Multimediarecht: Nie war es für Schüler so einfach, mit dem Gesetz in Konflikt zu kommen, wie in Zeiten des Internet. Neben dem Umgang mit geistigem Eigentum gibt es gerade bei Veröffentlichungen auf Webseiten zahlreiche juristische Rahmenbedingungen zu beachten. Zu den in der AG behandelten Themen gehörten (i) der Umgang mit Hyperlinks und die Frage, ab wann man für Inhalte auf fremden Webseiten verantwortlich ist; (ii) das Recht auf freie Meinungsäußerung und seine Grenzen in den Persönlichkeitsrechten, die u.a. vor Bedrohung, Beleidigung und übler Nachrede schützen; (iii) die Verpflichtung, für seine Äußerungen namentlich einzustehen, wie sie in der Impressumspflicht des Teledienstegesetzes bzw. des Mediendienstestaatsvertrags formuliert ist. Methodisch orientierte sich diese Unterrichtseinheit an den rechtsdidaktischen Hinweisen für den Informatikunterricht [KO05].

Digitale Medien: Die letzte Unterrichtseinheit behandelte die digitalen Medien, gegliedert an den Basismedien Ton, Schrift, Bild, Film, Netz. Aus dem Angebot mediendidaktischer Konzepte (vgl. [TU02], S. 122 ff.) wurde abwechselnd die ästhetisch-kulturorientierte (Stichwort: Bilder lesen) und die handlungs-, interaktionszentrierte Methode (Stichwort: Filme drehen und schneiden) eingesetzt. Projektseitiges Ziel war auch hier zu zeigen, dass jedes Basismedium mit einer beliebigen mediendiaktischen Methode behandelt werden kann. Langfristig wird für die Unterrichtseinheit digitale Medien eine Matrix aus Unterrichtsentwürfen entstehen, in der die verschiedenen methodischen Herangehensweisen mit den Basismedien kombiniert sind.

Unterrichtsentwürfe

Auf dem Didaktik-Server der Humboldt-Universität zu Berlin sind unter der Adresse http://ddi.informatik.hu-berlin.de/material_ueberblick.html die Entwürfe zu den Unterrichtseinheiten archiviert [DDI]. Zu jeder Stunde gibt einen kurzen Unterrichtsentwurf mit Angaben zu

  • Thema der Stunde im Bezug zur jeweiligen Unterrichtseinheit.
  • Datum und Uhrzeit.
  • Methodische Angebote der Stunde. Diese Angaben werden zu einem späteren Zeitpunkt mit vertiefenden Informationen und Schulungsunterlagen zu den einzelnen Methoden verknüpft, sofern es sich nicht um unterrichtsübergreifende Standards handelt. Hervorzuheben seien die bereits erwähnten Plan- und Simulationsspiele, mit deren Hilfe komplexe Situationen sehr überzeugend veranschaulicht werden können, die aber in der Vorbereitung und Durchführung sowohl Fingerspitzengefühl als auch Bereitschaft zur Improvisation erfordern.
  • Verlaufsplanung. Hier wird die Doppelstunde in aufeinander aufbauende Blöcke eingeteilt.
  • Verwendetes Material in Form von Arbeitsblättern, Publikationen, Links etc. Alle im Rahmen der AG erstellten Arbeitblätter stehen zum Download bereit und können beliebig verwendet werden.

Die Unterrichtsentwürfe enthalten keine eigene Sachanalyse, die Einarbeitung in die verschiedenen Dimensionen kann aber durch die angebotenen Vorlesungen im Selbststudium unterstützt werden. Dort finden sich Verweise auf zahlreiche weitere Dokumente, die on- und offline zur Verfügung stehen.

Neben den getesteten Entwürfen der Informatik-AG finden sich auf den Didaktik-Seiten noch studentische Unterrichtsentwürfe, die im Rahmen von Seminar-Hausarbeiten erstellt wurden. Diese Entwürfe enthalten zum Teil umfangreiche Sachanalysen, sind in realen Unterrichtssituationen jedoch noch nicht getestet worden. Sie können für die Praxis aber weitere Anregungen geben, wie ein gegebenes Thema im Informatikunterricht behandelt werden kann.

Darüber hinaus bieten die bereits erwähnten Vorlesungsmitschnitten, bibliographische Angaben zu Artikeln in Fachzeitschriften sowie ausgewählte und kommentierte Links die Möglichkeit, weitere Hintergrundinformationen zu den einzelnen Dimensionen zu konsultieren. Das Material steht für den Einsatz in der Lehre zur freien Verfügung.

Fallbeispiel: Die rechtliche Dimension der Informatik

In diesem Abschnitt soll der Prozess der didaktischen Transformation von der Auswahl der Unterrichtsdimension bis zum Unterrichtsentwurf vorgestellt werden, wobei auf verschiedene Zielgruppen eingegangen wird. Als Beispieldimension wird die Dimension des Rechts gewählt. Sie ist für die Informatik von eminenter Bedeutung, in jeder Alters- und Bildungsstufe ist es wichtig, zumindest die grundlegenden Rechtsnormen zu kennen, die den medialen Umgang mit dem Computer regeln.

Sachanalyse

Wie jede Dimension ist auch die rechtliche so umfangreich, dass an dieser Stelle keine inhaltlich erschöpfende Auflistung relevanter Themen oder gar ihre Diskussion erfolgen kann. Hier gibt es eine Fülle an Fachliteratur und Internetangeboten, z.B. [HO08], [LOR] oder [IR] die in größere Rechtsgebiete, in einzelne Gesetze oder in spezielle Fragen einführen. Auch die Wikipedia bietet einen guten Überblick.

Mittelpunkt der erfolgreichen Einarbeitung in ein Rechtsgebiet bleibt aber der Gesetzestext, der Quelltext der Informationsgesellschaft. Die aktuellen Gesetze werden vom Bundesjustizministerium nach ihrer Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt online zur Verfügung gestellt [BMJ]. Aus Gründen der Überschaubarkeit sei im Folgenden das Kunsturheberrecht (KunstUrhG) als Beispiel gewählt, das trotz seiner Kürze von erheblicher Bedeutung (nicht nur) für den Schulalltag ist. Das Gesetz regelt den Umgang mit dem Recht am eigenen Bild.

Bei der Herangehensweise an die rechtliche Dimension gibt es Unterstützung von der juristischen Methodenlehre, z.B. [PU08, TR98, ZI05]. Demnach besteht ein Gesetz aus verschiedenen Rechtsnormen, die unter gemeinsamen Überschriften in Form von Paragraphen gegliedert werden.
Das KunstUrhG besteht im Kern aus den §§ 22-24 sowie dem § 37, die hier vollständig zitiert werden:

§ 22
Bildnisse dürfen nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden. Die Einwilligung gilt im Zweifel als erteilt, wenn der Abgebildete dafür, daß er sich abbilden ließ, eine Entlohnung erhielt. Nach dem Tode des Abgebildeten bedarf es bis zum Ablaufe von 10 Jahren der Einwilligung der Angehörigen des Abgebildeten. Angehörige im Sinne dieses Gesetzes sind der überlebende Ehegatte oder Lebenspartner und die Kinder des Abgebildeten und, wenn weder ein Ehegatte oder Lebenspartner noch Kinder vorhanden sind, die Eltern des Abgebildeten.

§ 23
(1) Ohne die nach € 22 erforderliche Einwilligung dürfen verbreitet und zur Schau gestellt werden:
1. Bildnisse aus dem Bereiche der Zeitgeschichte;
2. Bilder, auf denen die Personen nur als Beiwerk neben einer Landschaft oder sonstigen Örtlichkeit erscheinen;
3. Bilder von Versammlungen, Aufzügen und ähnlichen Vorgängen, an denen die dargestellten Personen teilgenommen haben;
4. Bildnisse, die nicht auf Bestellung angefertigt sind, sofern die Verbreitung oder Schaustellung einem höheren Interesse der Kunst dient.
(2) Die Befugnis erstreckt sich jedoch nicht auf eine Verbreitung und Schaustellung, durch die ein berechtigtes Interesse des Abgebildeten oder, falls dieser verstorben ist, seiner Angehörigen verletzt wird.

§ 24
Für Zwecke der Rechtspflege und der öffentlichen Sicherheit dürfen von den Behörden Bildnisse ohne Einwilligung des Berechtigten sowie des Abgebildeten oder seiner Angehörigen vervielfältigt, verbreitet und öffentlich zur Schau gestellt werden.

§ 37
(1) Die widerrechtlich hergestellten, verbreiteten oder vorgeführten Exemplare und die zur widerrechtlichen Vervielfältigung oder Vorführung ausschließlich bestimmten Vorrichtungen, wie Formen, Platten, Steine, unterliegen der Vernichtung. Das gleiche gilt von den widerrechtlich verbreiteten oder öffentlich zur Schau gestellten Bildnissen und den zu deren Vervielfältigung ausschließlich bestimmten Vorrichtungen. Ist nur ein Teil des Werkes widerrechtlich hergestellt, verbreitet oder vorgeführt, so ist auf Vernichtung dieses Teiles und der entsprechenden Vorrichtungen zu erkennen.
(2) Gegenstand der Vernichtung sind alle Exemplare und Vorrichtungen, welche sich im Eigentume der an der Herstellung, der Verbreitung, der Vorführung oder der Schaustellung Beteiligten sowie der Erben dieser Personen befinden.
(3) Auf die Vernichtung ist auch dann zu erkennen, wenn die Herstellung, die Verbreitung, die Vorführung oder die Schaustellung weder vorsätzlich noch fahrlässig erfolgt. Das gleiche gilt, wenn die Herstellung noch nicht vollendet ist.
(4) Die Vernichtung hat zu erfolgen, nachdem dem Eigentümer gegenüber rechtskräftig darauf erkannt ist. Soweit die Exemplare oder die Vorrichtungen in anderer Weise als durch Vernichtung unschädlich gemacht werden können, hat dies zu geschehen, falls der Eigentümer die Kosten übernimmt.

Jede Rechtsnorm hat die gleiche Struktur: Einem Tatbestand wird eine Rechtsfolge zugeordnet. Der Tatbestand setzt sich aus verschiedenen Tatbestandsmerkmalen zusammen, die alternativ (OR) oder kumulativ (AND) verknüpft werden. Die Merkmalsstruktur ergibt sich aus dem Wortlaut, folgt ihm aber nicht unbedingt wörtlich.

Im § 24 KunstUrhG ist der Tatbestand:

(Bildnis) AND (Von einer Behörde) AND ((Zum Zweck der Rechtspflege) OR (Zum Zweck der öffentlichen Sicherheit))
die Rechtsfolge:
darf ((ohne Einwilligung des Berechtigten) AND ((vervielfältigt) OR (verbreitet) OR (öffentlich zur Schau gestellt werden)))

Das Wesen des juristischen Urteils besteht darin, einen konkreten Sachverhalt unter den Tatbestand einer Rechtsnorm zu subsumieren, woraus sich die Rechtsfolge ergibt. Juristische Methodik ist damit nicht eine Form des logischen Schließens, sondern die Lehre der begründeten Subsumtion.

Der § 24 KunstUrhG regelt u.a., dass Fotos (Bildnis), die von der Polizei (Behörde) zur Fahndung (zum Zweck der öffentlichen Sicherheit) in der Zeitung gedruckt (veröffentlicht) werden dürfen, selbst wenn der abgebildete Gesuchte (Berechtigte) keine Einwilligung dazu gegeben hat. In einem gegebenen Sachverhalt werden die einzelnen Tatbestandsmerkmale einzeln überprüft. Handelt es sich bei einem Bild tatsächlich um ein Fahndungsfoto, so darf es auch gedruckt werden.

Der nächste Schritt in der Einarbeitung besteht darin, Urteile und Rechtsauslegungen zu den ausgewählten Paragraphen zu finden. Bereits eine kurze Internetrecherche fördert in Bezug auf das KunstUrhG eine Menge Material zu Tage. Insbesondere die §§ 22-23 stehen dabei im Mittelpunkt. Urteile, die online veröffentlicht sind, können über das eindeutige Aktenzeichen gefunden werden, z.B. das berühmte Caroline-von-Monaco-Urteil des Bundesgerichtshofs, BGH, VI ZR 15/95 vom 19. Dezember 1995.

Schulrelevantes Material zum KunstUrhG steht bei Lehrer-Online: http://www.lehrer-online.de/personenfotos-allgemein.php.
Die Kommentare zu Gesetzen auf dieser Site sind regelmäßig geeignete Quellen für die didaktische Aufbereitung von Rechtsnormen für den Schulunterricht. Dabei muss allerdings berücksichtigt werden, dass Lehrer-Online.Recht seit Anfang 2008 nicht mehr redaktionell betreut wird.

Didaktische Reduktion

Nach der Einarbeitung in die einschlägigen Rechtsnormen, Urteile und Kommentare müssen die grundlegenden Aussagen zielgruppengerecht aufbereitet werden. Je nach Voraussetzungen der Klasse können ausgewählte Rechtsnormen im Wortlaut behandelt werden. Gerade jüngeren oder leseunerfahrenen Schülern erschließt sich die juristische Sprache jedoch nicht. In diesem Fall ist es geboten, die Kernaussagen zu extrahieren und in eine diskussionsfähige Sprache zu übersetzen. Zur Frage der rechtsdidaktischen Methode wurden an anderer Stelle Hinweise gegeben [KO05], sie werden hier kurz zusammen gefasst:

Rechtliche Kompetenzen
Nach [KU00] sollen Schülerinnen und Schüler bei der Beschäftigung mit rechtlichen Themen

  • Einblick in ausgewählte Quellen, grundlegende Setzungen und Strukturen des Rechts erhalten,
  • rechtserhebliche Merkmale einfacher Sachverhalte feststellen können,
  • die Verknüpfung von individuellem Rechtsanspruch und persönlicher Rechtspflicht wahrnehmen,
  • unterschiedliche Interessen der an einfachen Rechtsbeziehungen Beteiligten erfassen und abwägen können,
  • exemplarisch das Spannungsverhältnis zwischen Rechtsnorm und Rechtswirklichkeit sowie den daraus resultierenden Handlungsbedarf reflektieren,
  • in ihrer Handlungskompetenz für die Konfliktlösung im Rahmen rechtlicher Möglichkeiten gestärkt werden,
  • die Fähigkeit zum kritisch-differenzierten Umgang mit der Darstellung einfacher rechtlich relevanter Probleme in den Medien erlangen.

Dies sind Ziele des Rechtskundeunterrichts, den der Informatikunterricht natürlich nicht ersetzen kann. Die Ziele sind dennoch wegweisend für die Behandlung rechtlicher Themen in anderen Fächern. Das Verhältnis Fachunterricht/Informatikunterricht wird in der Diskussion weiter unten angesprochen.

Methoden

Neben informellen Diskussionen, die sich aus dem Unterrichtsverlauf ergeben, bieten sich vier Arten an, rechtliche Fragen zu thematisieren:

Induktiv: Ausgehend von einem Fall werden mögliche Rechtsnormen besprochen. Bsp.: "Ein Schüler veröffentlicht Bilder von der Klassenfahrt im Internet, das zwei seiner Mitschüler mit Bierflaschen in der Hand zeigt. Ist das korrekt? Wie würdet Ihr in diesem Fall entscheiden?"

Deduktiv: Ausgehend von einer Norm werden Fälle konstruiert, die den Tatbestand der Norm erfüllen: "Welche Bilder fallen unter die Ausnahmetatbestände des § 23 KunstUrhG?"

Konklusiv: Wenn der Tatbestand einer Norm bereits erfüllt ist, muss die Rechtsfolge umgesetzt werden: "Angenommen ein Bild ist widerrechtlich bei schülerVZ veröffentlicht. Wie ist die Rechtsfolge von § 37 KunstUrhG umzusetzen?"

Interrogativ: Eine Schülerfrage wird zur Recherche ausgeschrieben. Die Klasse muss die einschlägige Rechtsnorm finden: "Darf ich Bilder verbreiten, die meinen Lehrer im Unterricht zeigen?" Im Unterschied zur induktiven Methode geht es direkt um die vorhandenen Rechtsnormen und nicht um die Diskussion möglicher Regelungen.

Diese Methoden können zur Erstellung von Lehrmaterialien für Unterrichtsentwürfe genutzt werden, für Arbeitsblätter, Diskussionsgrundlagen, Webquests etc.

Unterrichtsentwurf

Von der didaktischen Reduktion nebst methodischen Hinweisen ist es nur noch ein kleiner Schritt zum konkreten Unterrichtsentwurf. Dessen Ziele können sich um ausgewählte Grundsätze und Standards für die Informatik in der Schule [GI08] gliedern. Hier heißt es im Inhaltsbereich "Informatik, Mensch und Gesellschaft" u.a.:

Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 5 bis 7
respektieren die Eigentumsrechte an digitalen Werken
beachten Umgangsformen bei elektronischer Kommunikation und achten auf die Persönlichkeitsrechte anderer
erkennen die Notwendigkeit einer verantwortungsvollen Nutzung von Informatiksystemen

Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 8 bis 10
kennen und beachten grundlegende Aspekte des Urheberrecht
bewerten Situationen, in denen persönliche Daten weitergegeben werden

Diese Kompetenzen werden bei der Beschäftigung mit dem KunstUrhG gestärkt. Mit Schülern, die in der Behandlung rechtlicher Fragen unerfahren sind, bietet sich als Einstieg die induktive Methode des Fallbeispiels an. Das Beispiel stammt idealerweise aus dem Unterrichtskontext, kann aber auch vom Lehrer vorgegeben werden. Selbstverständlich sollte dabei das didaktische Prinzip der Orientierung an der Lebenswelt beachtet und ein Beispiel mit unmittelbarem Bezug zum Erfahrungshorizont der Schüler gewählt werden. Nach der Diskussion des Falls können die erheblichen Rechtsnormen vorgestellt werden, entweder im Originaltext oder in einer Sinn erhaltenden Reduktion. Darauf aufbauend können weitere Fälle gefunden und besprochen werden, um die Anwendung zu festigen.

Diskussion des Beispiels

Vorgehen

Die Vorbereitung der Behandlung einer gesellschaftlichen Dimension im Informatikunterricht verläuft in Grundzügen wie folgt:
  • Einarbeitung in die gewählte Dimension. Inhaltlich liegt der Schwerpunkt auf Themen, die in Bezug zur Informatik stehen. Methodisch orientiert sie sich an den Bezugsdisziplinen, um die spezifische Logik der Dimension zu erfassen.
  • Didaktische Reduktion unter Berücksichtigung methodischer Prinzipien der gewählten Dimension.
  • Auswählen der Zielkompetenzen aus Rahmenplänen oder Bildungsstandards.
  • Erstellen von Unterrichtsmaterial für die Zielgruppe.

Verhältnis zwischen Informatik- und Fachunterricht

Es wurde bereits erwähnt, dass der Informatikunterricht den Rechtskundeunterricht schon aus inhaltlichen und personellen Gründen nicht ersetzen kann. Dennoch ist die Beschäftigung mit juristischen Themen für das Leben in der Informationsgesellschaft unabdingbar. Hier auf den Rechtskundeunterricht zu vertrauen, ist in dreifacher Hinsicht problematisch: Zum einen wird er in den meisten Schulen nicht angeboten und steht auch auf absehbare Zeit nicht in den Stundentafeln der Bundesländer. Zum zweiten stehen rechtliche Fragen der Informatik nicht im Curriculum eines Fachs, das Fundamente der freiheitlich-rechtlichen Grundordnung klären sowie Rechtsgeschichte und -systematik betreiben will. Zum dritten verfügen Rechtskundelehrer regelmäßig nicht über die nötige informationstechnische Kompetenz, um derartige Fragen sachgemäß ansprechen zu können. Als Konsequenz beschäftigt sich in der Schule kein Fach mit legalen und illegalen Downloads, mit Datenschutz und Privatheit, mit Äußerungsdelikten oder mit dem verantwortlichen Umgang mit digitalen Medien.

Verknüpfungen

Hier ist die Informatik gefordert, die sich bislang auf die technische Dimension beschränkt, in diesen Rahmen aber weitere gesellschaftliche Dimensionen einbeziehen kann, wobei die technischen Fragen im Mittelpunkt stehen können. Die nachfolgende Tabelle verbindet in den Rahmen technischer Themen relevante Rechtsnormen und gibt mögliche Kombinationen an, die im Unterricht umgesetzt werden können:

Informationstechnik Informationsrecht
Webdesign und soziale Netze im Web 2.0 Telemediengesetz (TMG)
Äußerungsdelikte (StGB)
Urheberrecht (UrhG)
Kunsturheberrecht (KunstUrhG)
Markenrecht (MarkenG)
Datenbanken Bundesdatenschutzgesetz (BDSG)
Urheberrecht (UrhG)
Software-Entwicklung Urheberrecht (UrhG)
Vertragsrecht, Schuldrecht (BGB, §§ 311-359)
Allgemeine Geschäftsbedingungen (BGB, §§ 305-310)
Produkthaftungsgesetz (ProdhaftG)
E-Commerce Fernabsatzrecht (BGB §§ 312b ff.)
Hardware Bildschirmarbeitsplatzverordnung (BildscharbV)
Elektro- und Elektronikgerätegesetz (ElektroG)
Computerspiele Jugendschutzgesetz (JuSchG)

 

Tabelle 1: Informatische Themen und Rechtsbereiche

Die Einarbeitung in eine Dimension ähnelt der Erschließung eines neuen Fachs, allerdings fokussiert auf Themen, die im Zusammenhang mit IKT stehen. Der Aufwand bleibt erheblich, wird durch den Fokus aber überschaubar. Die ausgewählten Themen können in eigenständigen Unterrichtseinheiten behandelt werden, so wie in diesem Beitrag vorgestellt. Material gibt es genug, um einen mehrjährigen Kurs zu gestalten.

Der Informatikunterricht hat aber im Kern ein anderes Selbstverständnis und konzentriert sich vordringlich auf die technischen Sachverhalte. Unter diesen Voraussetzungen treten die gesellschaftlichen Dimensionen als Erweiterung der informationstechnischen Kerndimension auf. Die Erweiterung durch die rechtliche Dimension ermöglicht die Einbeziehung rechtlicher Themen in jede Unterrichtseinheit, die Verbindung hin zum Unterrichtsentwurf muss aber vom Fachlehrer vollzogen werden. Dabei entsteht das Risiko, dass gesellschaftliche Dimensionen im Unterricht an den Rand gedrängt und bei Zeitnot fallen gelassen werden. Damit zerfiele der Informatikunterricht erneut in einen Technikkurs und in einen Gesellschaftskundeunterricht, was viele Informatiklehrer zum Anlass nehmen, den gesellschaftlichen Teil aus ihrem Unterricht zu verbannen (vgl. die Klage von Pasternack [PA96]). Auch international wird von informatischen Berufsverbänden wie ACM oder IFIP die Integration gesellschaftlicher Dimensionen in der Schulinformatik gefordert [AC03, IF00], wobei auch in diesen Curricula technische von nicht-technischen Aspekten getrennt werden. Hier bietet sich eine stärkere Verzahnung von technischen und nicht-technischen Sachverhalten an, indem die Dimensionen nicht sequentiell nacheinander ? erst Datenbanken, dann Datenschutzgesetz, dann ökonomische Bedeutung von Datensammlungen ? sondern stärker miteinander verbunden werden.

Integrativer Unterricht

Mit Blick auf dieses Problem haben Johannes Magenheim und Carsten Schulte einen integrativen, sozio-technischen Blick auf Softwareentwicklung als essentiellen Bestandteil des Informatikcurriculums vorgeschlagen [MA06]. Damit greifen sie einerseits einen Diskurs auf, der in der akademischen Software-Entwicklung Ende der 80er Jahre unter dem Stichwort der Prozessorientierung einen integrativen Gegenentwurf zur damals vorherrschenden Produktorientierung zu etablieren versuchte [FL93]. Andererseits gehen sie mit dem Konzept der didaktischen Linsen darüber hinaus, indem sie analytische Kategorien einführen, mit denen der Gegenstandsbereich geordnet werden kann. Das im vorliegenden Beitrag vorgeschlagene Konzept der Dimensionen ähnelt den didaktischen Linsen insofern, als dass sie idealtypische Abstraktionen einer komplexen Wirklichkeit darstellen. Während die Linsen jedoch stärker auf Entstehungs- und Anwendungskontexte von Informatiksystemen bezogen sind, greifen die Dimensionen Produktions- und Aushandlungsbedingungen von Gesellschaft auf, wodurch sich eine jeweils unterschiedliche Akzentuierung des Blicks ergibt.

Was allen Versuchen fehlt, die gesellschaftliche Aspekte in der Informatikausbildung zu verankern suchen, sind Unterrichtsmaterialien und Handreichungen für Lehrer, wovon die praktische Durchsetzung theoretischer Konzepte ganz wesentlich abhängt. Die Community der Lehrenden will überzeugt werden, nicht nur die der Forschenden. Daher werden derzeit Bemühungen unternommen, unter der Überschrift "Informatik im Kontext" einen vieldimensionalen, standardorientierten und methodenreichen Informatikunterricht auf der Basis von Unterrichtsmaterialien zu erarbeiten. Im Gegensatz zum dimensionsorientierten Unterricht wird hier ein lebensweltlicher Zusammenhang als Ausgangspunkt gewählt und im Unterricht seine Einbettung in die verschiedenen Dimensionen der Lebenswelt entfaltet. Dieses Vorgehen unterscheidet sich vom hier vorgestellten dimensionsorientierten Ansatz, hat aber auch Gemeinsamkeiten:

Gemeinsam ist beiden Ansätzen, dass die verschiedenen Dimensionen weiterhin im Unterricht vorkommen und entsprechend vorbereitet werden wollen. Die Aufbereitung der wesentlichen Abschnitte des KunstUrhG ändert sich ja nicht, nur weil das Recht am eigenen Bild nicht am Ende der Unterrichtseinheit zur digitalen Bildbearbeitung (oder zum Webdesign oder zum Web 2.0), sondern bereits zwischendrin erfolgt. Die Notwendigkeit einer Einarbeitung in die wesentlichen Grundbegriffe, Rechtsnormen, Urteile und Kommentare bleibt bestehen.

Im Unterschied zur Vorbereitung auf einen konkreten Kontext hat die Erschließung einer Dimension den Vorteil eines umfassenderen Überblicks. Der Nachteil ist der erhöhte Arbeitsaufwand und das Lernen auf Vorrat auf Seiten des Lehrers, der sich in mehr Begriffe und Methoden einarbeiten muss als im Unterricht unmittelbar gefordert werden.

Der wichtigste Unterschied zwischen einem dimensions- und einem kontextorientierten Unterrichtskonzept liegt aber darin, dass die befürchtete zeitliche Trennung von technischen und nicht-technischen Aspekten entfällt, wenn Unterricht von vorne herein als mehrdimensional geplant ist und diese Intention sich bis in die Entwürfe einzelner Unterrichtsstunden fortsetzt. Erreicht wird dies durch die Durchmischung kontextrelevanter Aspekte, ohne eine der gewählten Dimensionen an den Rand zu drängen. Der Unterschied liegt damit vor allem im didaktischen Entwurf und weniger in der Auswahl der Themen. So klein diese Differenz zunächst erscheinen mag, kann sie doch erhebliche Auswirkungen auf die Unterrichtsgestaltung haben, vergleichbar mit dem Übergang von prozeduraler zu objektorientierter Programmierung. Natürlich ist es auch möglich, in einer prozeduralen Programmiersprache diszipliniert zu arbeiten, Daten und Methoden voneinander zu isolieren oder globale Variablen zu vermeiden. Steve McConnell bezeichnet in [MC04] diese Übernahme programmiertechnischer Konzepte als "Programmieren in eine Programmiersprache" im Gegensatz zum "Programmieren in einer Programmiersprache". Ein dimensionsorientierter Unterricht ermöglicht vorbildlich verzahnte Unterrichtsentwürfe, aber er fordert sie nicht. Viel einfacher weil bequemer ist die sequentielle Abarbeitung einzelner Dimensionen mit der Gefahr, in jeder Dimension nicht mehr problemorientiert zu lehren, sondern entweder in den Duktus eines anderen Fachunterrichts zu verfallen oder aber einzelne Dimensionen ganz zu vernachlässigen.

Kontextorientierter Unterricht zwingt den Lehrenden von Beginn an dazu, verschiedene Dimensionen um einen Kontext herum so anzuordnen, dass sich ein möglichst umfassendes Bild ergibt. Dadurch werden wesentliche Probleme des Unterrichtsentwurfs vermieden, ohne neue Anforderungen an die dekontextualisierten Inhalte zu stellen.

Zusammenfassung

Der Informatikunterricht krankt bundesweit an einem Legitimationsdefizit gegenüber etablierten Fächern. Entscheidungsträger der Bildungspolitik sehen oftmals nicht ein, wofür ein eigenständiges Schulfach benötigt wird, um informationstechnisches Basis- oder Vertiefungswissen zu vermitteln. Die Grundlagen werden den anderen Fächern zugesprochen ("Word benutzen wir auch im Deutschunterricht"), die Vertiefungen mit Verweis auf ihren Spezialisierungsgrad abgelehnt ("wir bilden auch keine Elektrotechniker aus"). So verkürzt diese Argumentation auch ist, Informatik als Schulfach kann nur überleben, wenn es seinen allgemein bildenden Charakter stärker heraus arbeitet und darstellt. Ein Informatikunterricht, der gesellschaftliche Dimensionen einbezieht, unterstützt einerseits die Argumentation, wieso informationstechnische Kompetenzen alle angehen und daher als Teil der Allgemeinbildung zu sehen sind. Dieses Argument ist aber nicht nur ein rhetorischer Gestus. Denn andererseits hilft ein solcher Unterricht aus genau diesem Grund bei der Vorbereitung auf ein Leben in einer Gesellschaft, die nicht mehr auf informationstechnische Systeme verzichten kann. Nicht zufällig wurde vom Bundesverfassungsgericht die "Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme" zu einem der Grundrechte erklärt, die zwar "nicht Gegenstand der besonderen Freiheitsgarantien des Grundgesetzes sind, diesen aber in ihrer konstituierenden Bedeutung für die Persönlichkeit nicht nachstehen" [BV08, S. 169]. Ob die Lehrer es wollen oder nicht, ihr Informatikunterricht handelt auch von der Möglichkeit, diese Grundrechte innerhalb der Informationsgesellschaft wahrzunehmen, zu respektieren und zu schützen. Seit der Aufklärung gehört es zu der nobelsten Aufgabe von Schule, Menschen bei der Wahrung ihrer Grundrechte zu stärken. Der Informatikunterricht sollte seinen Anteil an dieser Aufgabe akzeptieren.

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