Diese Seite drucken

Medien- und Methodencurriculum Gymnasium Ottobrunn

 

Peter Brichzin
Eva Stolpmann

Gymnasium Ottobrunn
Karl-Stieler-Str. 1
D-85521 Ottobrunn
Email: peter@brichzin.de, evastolpmann@aol.com
URL: www.gymnasium-ottobrunn.de

 

Zusammenfassung:
In fast allen Bundesländern wird oder wurde auf Grund der gesellschaftlichen Veränderungen an der Ergänzung der Lehrplaninhalte im Bereich Neuer Medien gearbeitet. Hierbei sollten nicht nur Inhalte geändert, sondern auch deren Verbindlichkeit erhöht werden, damit nicht wie beispielsweise bei der ITG der 90er Jahre der Unterricht nur teilweise und ohne Gesamtzusammenhänge stattfindet. Von vielen Pädagogen wird favorisiert, den Schüler/innen beim Aufbau von Medienkompetenz nur sehr wenig Vorgaben zu machen. Erfahrungen aus der Arbeit mit Neuen Medien in der Schule zeigen jedoch, dass ein gemeinsames Basiswissen notwendig ist, auf das dann Projekte mit großen Freiräumen aufbauen können. Um die Forderung nach selbstständiger und eigenverantwortlicher Projektarbeit zu realisieren, ist es gleichzeitig notwendig, Methoden konsequent zu schulen, d.h. auch sie zu eigenständigen Lehrplaninhalten zu machen.
Unter Mithilfe von Kollegen/-innnen des Gymnasium Ottobrunns, insbesondere von Ernst Wagner, Angelika Loders, und Rolf Anderlik ist von den Autoren ein Konzept entwickelt worden, durch das in den Bereichen neue Medien und Methoden ein sukzessiver Aufbau von theoretischem und praktischem Basiswissen stattfindet. Dieser verbindlich definierte Grundstock kann dann in allen Fächern, insbesondere bei arbeitsteiligem Projektunterricht eingesetzt werden.

Abstract:
Almost all German federal states have introduced or are about to introduce supplementing changes to the curricula concerning new media. These changes not only attempt to include new areas of teaching but also to make teaching goals more obligatory than they used to be in previous curricula concepts. A lot of teachers prefer not to regulate their students' knowledge acquisition process in the field of new media. Experience with new media in school however shows that it is necessary for all pupils to possess basic knowledge. In a second step this knowledge can be employed in projects of various types. For these types of projects to be conducted successfully students also need to ha-ve learning, creative and communicative skills. So teaching these skills ought to be part of a concept for implementing new media in schools too.
The authors of this article, with the help of their colleagues at Gymnasium Ot-tobrunn, have developed a concept which enables students to obtain skills for using new media as well as learning, creative and communicative skills. It is a systematic acquisition process which combines theoretical knowledge with its application in projects. The obligatory basic knowledge can be used in all subjects and in particular for problem-based learning.
We particularly would like to thank Ernst Wagner, Angelika Loders and Rolf Anderlik for their support to develop this concept.

 


 


1 Einleitung

Durch den Wandel der Industriegesellschaft zu einer Informations- und Wissensgesellschaft ist Vernetzung nicht nur eine technische Neuerung, sondern auch eine Leitmetapher, die zunehmend unsere Denkweisen und Arbeitstechniken prägt. Obwohl die Bedeutung der neuen Medien [1] und Qualifikationen wie Kommunikations-, Kooperationsfähigkeit, Planungskompetenz und Wissensorganisation für die Veränderung unserer Gesellschaft unbestritten sind, sind diese zukunftsrelevanten Fertigkeiten und Fähigkeiten meist nur in den allgemeinen Erziehungs- und Bildungsaufgaben existierender Lehrpläne ohne Verbindlichkeit oder Nachhaltigkeit formuliert. Abb. 1: Kompetenzen

Das Konzept dieses Medien- und Methodencurriculums beruht auf der Idee, konsequent durch Module in den Jahrgangsstufen 6 bis 10 Grundwissen über neue Medien aufzubauen (siehe Abb. 1). Wichtige Methodenkenntnisse über effektive Kommunikation (Gesprächsregeln, Diskussionsleitung, etc.), Informationsorganisation (Strukturierungstechniken, Mind-Mapping, etc.) ergänzen das Curriculum, denn die Nutzung neuer Medien lässt sich mit dem klassischen Methodentraining häufig kombinieren [2]. Damit setzt das hier vorliegende Medien- und Methodencurriculum im Vergleich zu anderen Ansätzen im Bereich Medienerziehung wie z.B. [TM98] [Ra00] einen zweiten Schwerpunkt.

So findet in den Bereichen neue Medien und Methoden ein sukzessiver Aufbau von theoretischem und praktischem Basiswissen statt, welches in allen Klassen am Ende einer Jahrgangsstufe gleich ist und vor allem im arbeitsteiligen Projektunterricht angewendet werden kann. Durch die bereits vorhandene Medien- und Methodenkompetenz kann sich der Lehrer auf den Inhalte des Projektthemas konzentrieren statt Zeit für anwendungs- und ablauftechnische Fragen aufwenden zu müssen.

2 Fächerübergreifende Lernziele und Rahmenplan

Die Schüler/innen sollen mit Eintritt in die Oberstufe auf Grund ihres Basiswissens in Informatik und ihrer Erfahrungen im Umgang mit neuen Medien sowie Projektarbeit in möglichst allen Fächern fähig sein, Computer sinnvoll im Rahmen von eigenständiger und selbstverantwortlicher Teamarbeit zur Beschaffung, Interpretation, Selektion, Abstraktion, Strukturierung, Visualisierung und Modellierung von Information und zur Organisation von Arbeitsabläufen zu nutzen.

Diesem Gesamtziel entsprechend basiert das Konzept auf zwei tragenden Säulen:

neue Medien -
medienfachspezifische Lernziele
Methodentraining -allgemeine Lernziele
  • Nutzung neuer Technologien und Medien zur Informationsbeschaffung, -verarbeitung, -visualisierung und zum Informationsaustausch 
  • Umgang mit Standardsoftware 
  • Kenntnis unterschiedlicher Darstellungsformen von Sachverhalten, mit ihren jeweiligen Möglichkeiten und Grenzen 
  • Kenntnis der grundlegenden Konzepte von Informatiksysteme 
  • Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit durch Teamarbeit 
  • Planungskompetenz durch selbstverantwortliche Projektarbeit 
  • Strukturierung von Wissen 
  • Präsentationstechniken 
  • kritische Bewertung von Information 
  • sinnvoller und zweckgerichteter Medieneinsatz 

 

In den Klassen 6-10 gibt es jeweils ein Jahrgangsstufenziel auf medienfachspezifischer und auf methodenfachspezifischer Seite (s. Abb. 1). Sie geben den Rahmen, ein übergreifendes Ziel für jede Jahrgangsstufe vor.

3 Fachlehrplan

Jahrgangsstufe 6 - Grundlagen

ln dieser Jahrgangsstufe erhalten die Schülerinnen und Schüler eine zusätzliche Unterrichtsstunde mehr, in der die Klasse geteilt wird. Die eine Hälfte erhält Informatikunterricht, die andere Methodentraining. Nach Blöcken von ca. 3 Stunden wird gewechselt.

Lernziele Informatik:
Darstellung und Strukturierung von Information (Informationstechnische und Informatische Grundlagen)

  • Darstellung und Strukturierung von Information mit Hilfe von Dokumenten
  • handlungsorientierter Umgang mit Standardsoftware (Textverarbeitung, Dateienverwaltung, Präsentationsprogramm, Browser, Email)
  • Suchstrategien im Internet, Aufbau des Internets
  • Aufbau und Funktionsweise eines Rechners
Lernziele Methodentraining:
Gesprächsregeln, Lesetechniken
  • Vorbereitung von Schulaufgaben - Lerntipps
  • Markieren von Texten
  • Wissenswertes zum Gedächtnis - Wiederholen und Vergessen
  • Mind Mapping
  • 5-Schritt-Lesemethode
  • Gesprächsregeln

Jahrgangsstufe 7 - Vertiefung 1

Projektmöglichkeiten:
u.a. Insekten (B); Nature Reserve and Zoos in Europe(E); Symmetrien in der Natur, Architektur, Kunst und Physik (M), Stadt im Mittelalter (G)

Module:


Abb. 2

 

Jahrgangsstufe 8 - Vertiefung 2

Projektmöglichkeiten:
u.a. Magnetismus oder Physik in den Bergen (Ph), Lebensraum Wald (B), Entdeckung Amerikas und Kolonialzeit oder New York (E)

Module:


Abb. 3

 

Jahrgangsstufe 9 - Vertiefung 3

Projektmöglichkeiten:
u.a. Betriebswirtschaft (WR), Landeskunde USA, UK oder Frankreich (E, F, Ek, G); Viren (B)

Module:


Abb. 4

 

Jahrgangsstufe 10 - Vertiefung 3 Fortsetzung

Projektmöglichkeiten:
u.a. . Landeskunde USA, UK oder Frankreich (E, F, Ek, G); Europäische Union (WR, Sk, G)

Module:


Abb. 5

Oberstufe - Anwendung

Mit Ablauf der Sekundarstufe I haben die Schüler/innen im Bereich der Arbeitstechniken und im Umgang mit den neuen Medien sowohl theoretisches Knowhow als auch praktische Erfahrung. Deshalb kann in der Sekundarstufe II arbeitsteiliger Projektunterricht unter Einbeziehung von Informationssystemen ohne weitere Erklärungen durchgeführt werden. Der Einsatz der Neuen Medien beschränkt sich nicht auf den Projektunterricht, sondern hilft den Schüler/innen bei der Informationsbeschaffung und -darstellung.

4 Realisierung durch Lehrerteams

Projektarbeit ist ein zentraler Bestandteil beim Aufbau von Medien- und Methodenkompetenz. Deshalb findet am Gymnasium Ottobrunn in jeder Klasse pro Jahr mindestens ein Projekt statt. Das Fach ist nicht vorgegeben, wird unter den Kolleginnen und Kollegen einer Klasse ausgewählt. Das Thema ist in der Regel lehrplanbezogen.

Projektarbeit stellt hohe Anforderungen an Lehrende und Lernende. Insbesondere erschweren äußere Rahmenbedingungen wie starre 45-Minuten Schulstunden, dicht gedrängte Lehrpläne mit dem Hintergrund zentraler Prüfungen diese Unterrichtsform. Teil des Medien- und Methodencurriculums Gymnasium Ottobrunn ist es, diese ungünstigen Rahmenbedingungen zu entschärfen:

  • Durch den oben vorgestellten modularen Aufbau von Basiswissen müssen Schülerinnen und Schüler nicht ad hoc methodische Fähigkeiten und Fertigkeiten im Umgang mit neuen Medien aufweisen, die im lehrerzentrierten Unterricht nur eine untergeordnete Rolle spielen.
  • Da im Projektfach bereits auf erworbenes Basiswissen zurückgegriffen werden kann, ist eine inhaltlich zufriedenstellende Bearbeitung von Aufgabenstellungen in einem für alle sinnvollen von 2-4 Wochen innerhalb des Fachunterrichts möglich.
Zusammenspiel zwischen Modulen und dem Projektfach

Jedes Modul thematisiert einzelne Arbeitstechniken und übt diese an Hand eines Unterrichtsthemas ein. Auf die so erworbenen Kompetenzen kann das Projektfach (selbstverständlich auch andere Fächer) zurückgreifen. Dieses Zusammenspiel zwischen Modulen und dem Projektfach ist in der Abb. 6 allgemein veranschaulicht.

Abb. 6

Diese Form der Beteiligung verschiedener Fächer in einer Klasse impliziert eine Zusammenarbeit der Lehrer in einem Team. Die Rollen sind dabei so verteilt, dass das Projektfach die Teamleitung übernimmt und die Modulfächer die Teammitglieder sind.

Das Projektfach hat eine koordinierende Aufgabe. Es muss dafür sorgen, dass alle Module abgeschlossen sind, bevor das Projekt beginnt, denn während des Projektunterrichts sollen die zuvor aufgebauten Medien- und Methodenkompetenzen gebündelt angewendet werden. Es kann und sollte diese Kompetenzen sogar konkret einfordern, um hier einen sukzessiven nachhaltigen Wissensaufbau zu erreichen. Durch Festlegungen und Transparenz im Lehrerteam werden hierzu geeignete Voraussetzungen geschaffen.

Die Zusammenarbeit zwischen Modul und Projektfächern hat noch einen weiteren entscheidenden Vorteil. Kolleginnen und Kollegen, die (noch) wenig Erfahrung in projektorientierem Unterricht, in der Arbeit mit neuen Medien haben, können hier trotzdem einen wichtigen Beitrag zum Gesamtkonzept leisten. Sie lernen bei der Begleitung einer Klasse selbst neue Arbeitstechniken und können dann zu einem späteren Zeitpunkt eine Projektleitung übernehmen.

Weiterhin fördert die schulinterne Festlegung von Modulen auch die Zusammenarbeit in Teams innerhalb von Fachschaften. Diese entwickeln jeweils in ihrem Fachbereich Konzepte und stellen diese ihren Kolleginnen und Kollegen zur Verfügung, oft verbunden mit einer schulinternen Fortbildung.

Lehrerteams, schulinterne Festlegungen und Fortbildungen usw. zeigen, dass die Einführung und Umsetzung eines Medien- und Methodencurriculums Auswirkungen auf die gesamte Lehr- und Lernkultur einer Schule hat und somit ein wichtiger Teil der Schulentwicklung sind. In "Bedeutung eines Medienkonzepts für die Schulentwicklung" [BBGW02] werden notwendige und förderliche Maßnahmen für so einen Prozess beschrieben und Möglichkeiten aufgezeigt, wie man Hinderlichem begegnen kann.

5 Unterrichtsbeispiele

5.1 Strukturierung und Darstellung von Information - Informatik 6. Klasse

Aufgabenstellung:
Ordne das nachfolgende Chaos auf dem Globus sinnvoll, indem du dir eine geeignete Struktur (Überschriften) überlegst, unter denen die Begriffe eingeordnet werden können.

a) Chiemsee, München, Tunesien, Berlin, Venedig, Buenos Aires, Angola, Wien, Afrika, Salzburg, Zürich, Gardasee, Chile
b) Ordne folgende Begriffe in deine Struktur ein: Mittelmeer, Bodensee, Donau, Atlantik


Lösungsmöglichkeiten zu Teilaufgabe a):

Sehr viele Strukturierungsmöglichkeiten sind aus der Sicht der Schülerinnen und Schüler sinnvoll, beispielsweise ob die Orte schon besucht wurden oder nicht, ob es sich um Wunschziele handelt oder nicht, usw. Folgende zwei Möglichkeiten werden herausgegriffen. Beiden liegt ein hierarchisches Datenmodell zu Grunde.

Lösungsmöglichkeit zu Teilaufgabe b: Netzwerkdatenmodell

Abb. 7

Nimmt man zur Bearbeitung von Teilaufgabe b) die "geographische Hierarchie" aus a) zu Grunde, reicht zur Lösung eine hierarchische Struktur nicht aus, da beispielsweise der Bodensee gleichzeitig den Ländern Deutschland, Österreich und Schweiz zugeordnet werden kann. Die notwendige Erweiterung ist ein Netzwerkdatenmodell.

Lernziele:

Die Schüler/innen lernen problemabhängige Strukturierungsmöglichkeiten (informatischer Inhalt), während sie den Umgang mit einem Textverarbeitungsprogramm (informationstechnische Grundbildung) vertiefen. Oberbegriffe werden bewusst zum größten Teil weggelassen und müssen von den Kindern erst gefunden werden. Die zu ordnenden Begriffe sind den Schüler/innen aus dem Alltag bzw. aus anderen Unterrichtsfächern bekannt. Wissenslücken können durch eigenständige Recherche (Methodentraining) in einem Atlas geschlossen werden.

Der Anwendungsbezug kann erhöht werden, wenn in einem Erdkundeprojekt "unsere Urlaubsorte" Texte, Bilder, Karten, usw. in digitaler Form gesammelt wurden und diese nun (mit einem Dateiverwaltungsprogramm) geordnet werden müssen um die Übersicht nicht zu verlieren

5.2 Methodentraining Grundlagen - 6. Klasse

Folgende Unterrichtsbausteine [EL00] werden im Methodentraining der 6. Klasse behandelt:
  1. Vorbereitung von Schulaufgaben - Lerntipps
  2. Markieren: Einführung
  3. Markieren: Anwendung
  4. Wissenswertes zum Gedächtnis - Wiederholen und Vergessen
  5. Mind Mapping: Einführung
  6. Mind Mapping: Anwendung
  7. 5-Schritt-Lesemethode: Einführung
  8. 5-Schritt-Lesemethode: Anwendung
  9. 5-Schritt-Lesemethode: Texte gliedern
  10. Gesprächsregeln: Einführung
  11. Gesprächsregeln: Einübung
  12. Gesprächsregeln: Diskussionsleitung

5.3 Digitale Bilder - 7. Klasse (Modul)

[siehe ausführlich in Br02]

Lernziele / Motivation

Schulprojekte mit Multimediaeinsatz, da muss alles bunt sein, Ton und Bilder sind wichtig, wer kennt das nicht. Viele Jugendliche wissen auch, wie sie den Scanner bedienen müssen. Jedoch ab und zu gibt es Überraschungen: Die Bilddateien passen nicht mehr auf eine Diskette, sind mehrere Bilder in eine Datei eingebunden, stürzt das Programm ab, usw. Die Lehrerin oder der Lehrer bittet darum, das Bild zu verkleinern. Dies ist nicht schwer! In der Anwendung, z.B. einem Präsentationsprogramm, wird das Bild angeklickt und durch Ziehen mit der Maus verkleinert. Das Bild ist nun kleiner, aber die Probleme sind damit noch nicht gelöst!


Abb. 8

Ziele dieser Unterrichtssequenz sind:

  • Die Schülerinnen und Schüler sollen verstehen, was die Digitalisierung eines Bildes bedeutet und dies selbst nachvollziehen.
  • Sie sollen erkennen, wie die Auflösung beim Scannen mit der Speichergröße der entstehenden Bilddatei zusammenhängt.
  • Sie sollen unterscheiden können zwischen der (Speicher-) Größe und der Darstellungsfläche (Ansicht) eines Bildes.
  • Sie sollen verschiedene Graphikformate und deren Einsatzfelder kennenlernen.
Durchführung

Die Schülerinnen und Schüler führen "per Hand" einen Scanvorgang eines Halloween Kürbises (Abb. 8 oben) auf dem Papier durch. Dazu wird über die Vorlage ein Raster gelegt (Abb. 8 Mitte). Die Schülerinenn und Schüler erhalten das Raster (Abb. 8 unten) und müssen nun für jedes Rasterelement entscheiden, ob dort der Wert schwarz oder weiß - Wertebereich des binären Zeichenvorrats - eingetragen werden muss. Entsprechend ihrer Entscheidung malen sie das Rasterelement (schwarz) aus oder lassen es leer (weiß).

Das Ergebnis ist noch nicht zufriedenstellend (Abb. 9 links). Zur Verbesserung der Bildqualität benötigt man ein feineres Raster (Abb. 9 Mitte). Ein erneuter Scanvorgang "per Hand" macht deutlich, dass neben dem besseren (aber sicher noch nicht perfekten) Ergebnis (Abb. 9 rechts) das feinere Raster den Nachteil eines längeren Scanvorgangs und größeren Bildateien hat. Ist im ersten "gescannten Bild" 48 mal die Information schwarz oder weiß gespeichert (=48 Bit), ist die "Dateigröße" des zweiten Bilds bereits 196 Bit. Das Beispiel zeigt, dass eine Verfeinerung des Rasters um den Faktor 2 eine Vervierfachung des Speicheraufwands nach sich zieht. Der quadratische Zusammenhang erklärt sich durch die Verfeinerung in 2 Richtungen.


Abb. 9

Die Verfeinerung lässt sich selbstverständlich noch weiterführen (Abb. 10).


Abb. 10

Bei der Darstellung von Bildern auf dem Bildschirm durch den Computer bzw. auf Papier durch den Drucker werden nicht Quadrate ausgemalt, sondern Punkte gezeichnet. Die Punktdichte wird in dpi = dots per inch angegeben, dies bedeutet, wieviele Punkte (dots) auf einer Längeneinheit (1 inch=2,54 cm) geschrieben werden.

Grafiken, die aus einzelnen Bildpunkten zusammengesetzt sind nennt man Pixelgrafiken. (Pixel ist eine Abkürzung für "Picture Element": engl. Bildelement)

Schülerinnen und Schüler können oft nicht zwischen der (Speicher-)Größe und der Darstellungsfläche (Ansicht) eines Bildes unterscheiden. Letztendlich ist für die Bildqualität die Informationsdichte, d.h. die Anzahl der gespeicherten Informationseinheiten pro Ansichtsfläche entscheidend. Folgende Zusammenhänge lassen sich mit geeigneten Bildern visualisieren bzw. durch das Beobachten der Dateigröße kontrollieren:

  1. Wird die Darstellungsfläche vergrößert (z.B. durch Aufziehen des Fensters) verringert sich die Informationsdichte. Nachteil: Das Bild kann unscharf werden.
  2. Wird die Darstellungsfläche verkleinert (z.B. durch Verkleinern des Fensters) erhöht sich die Informationsdichte. Nachteil: Das Bild kann unnötig viel Speicherplatz belegen.

Als Ausblick wird in dem Modul auf Farbbilder und komprimierte Dateien eingegangen. Wichtig ist zum Ende eine Anleitung, welche Graphikformate bei verschiedenen Arten von Bildern (z.B. gif für Zeichnungen) bzw. Zielsetzungen (Internet/Print) am geeignetsten sind.

Abb. 11

5.4 Teamentwicklung im Fach Sport - 8. Klasse (Modul)

[GT00]

Lernziele

  • Kooperation und Fairness im Team entwickeln
  • Vertrauensbasis im Team entwickeln
  • Gegenseitige Akzeptanz und Toleranz stärken
  • Führungsaufgaben übernehmen und anerkennen
  • Persönlichkeitsentwicklung
  • Selbständiges Lösen von Aufgaben im Team
Durchführung

Die oben genannten Lernziele zur Teamentwicklung können innerhalb von drei Doppelstunden mit Hilfe akrobatischer Elemente im Sportunterricht vermittelt werden. Da Mädchen und Jungen während der Projekte nicht getrennt sind, sollte der Sportunterricht in dieser Phase auch koedukativ sein.

Generell werden Lösungen und Probleme bei offenen Aufgabenstellungen (z. B. Bau einer Pyramide mit Beteiligung aller Schüler/innen, die nicht höher als drei Stockwerke ist) besprochen, um hemmende und fördernde Faktoren bei der Teamarbeit zu reflektieren. Dies zeigt stellvertretend für alle Module der methodenfachspezifischen Lernziele, dass Methoden nicht nur implizit angewendet werden, sondern bewußt Vor- und Nachteile unterschiedlicher Vorgehensweisen gegenübergestellt werden..

Zum Abschluss des Moduls kann noch ein Besuch in einem DAV-Ausbildungslager stattfinden. Die dort gestellten Aufgaben sind sehr anspruchsvoll, z.B. das Überwinden einer 4 m hohen Wand ohne Hilfsmittel (Abb. 12).

Abb. 12

 

5.5 Projekt "Betriebswirtschaft" am Beispiel von BMW -München im Fach Wirtschaft und Recht - 9. Klasse

[Ne01]

Während des Projektes war die Klasse in 8 Arbeitsgruppen unterteilt, die jeweils einen der oben aufgelisteten unterschiedlichen betriebswirtschaftlichen Aspekte untersuchten. In insgesamt 10 Unterrichtsstunden wurde zur Problematik hingeführt, Inhalte recherchiert, diese strukturiert und in Form von HTML vernetzt dargestellt. Bei der Projektarbeit diente als Arbeitsgrundlage die bereits in den Modulen aufgebauten Fähigkeiten im Bereich Quellenbewertung, Internetrecherche, Hypertexte, graphische Unterstützung von Inhalten und Präsentation vernetzter Inhalte.

Die Abschlussergebnisse wurden auf einer schulinternen Veranstaltung präsentiert. Nicht jede Gruppe erzielte inhaltlich und gestalterisch gute Ergebnisse. Eine Ursache hierfür ist die Unerfahrenheit; da dies der erste Probelauf des Curriculums ist und die Schüler/innen nicht auf Basiswissen und Erfahrungen der unteren Jahrgangsstufen zurückgreifen können. Dem Lernprozess wird jedoch die gleiche Bedeutung wie den Ergebnissen zugeordnet, obwohl dieser nur schwer quantitativ greifbar ist .

Zum Abschluss erstellte jede Gruppe eine Kurzdokumentation ihrer inhaltlichen Ergebnisse, die in Expertenrunden [s. z.B. Br99 S. 15] den Mitschülern erläutert wurden. Dadurch wurden die für die Schüler/innen verbindlichen zu wissenden Inhalte festgelegt und sichergestellt, dass jede/r Schüler/in die wichtigsten Ergebnisse aller Themen verstehen kann.

6 Umsetzung und Ausblick

Im Schuljahr 2000/2001 wurde am Gymnasium Ottobrunn das Medien- und Methodencurriculum zum ersten Mal getestet. Zur Umsetzung sind folgende Maßnahmen ergriffen worden:

In der Jahrgangsstufe 6 findet im Durchschnitt alle zwei Wochen ein einstündiger, verpflichtender Informatikunterricht im Wechsel mit einem Methodentraining statt.
In jeder der Jahrgangsstufen 7 bis 10 hat sich in je einer Klasse ein Lehrer-Team gebildet, um die im Curriculum genannten Multimedia-Projekte erprobend durchzuführen. Folgende organisatorischen Rahmenbedingungen werden dabei eingehalten [s.a. Br99, Mu98]:

  • Die Kollegen/innen eines Klassenteams sprechen die Behandlung der Module ab. Der Projektleiter erstellt einen entsprechende Projektplan (Zeiteinteilung) und vergewissert sich, dass zu Beginn seines Projektes die Module abgeschlossen sind.
  • Die Lerninhalte werden im regulären Fachunterricht vermittelt.
  • Die 45-Minuten-Unterrichtsstunden werden weitgehend beibehalten, die Projektdauer sollte 4 Wochen nicht überschreiten.
  • Benotet werden nur individuelle Leistungen. Abhängig von den Modulen kann in Projekten eine Doppelbewertung - fachlich vs. methodisch - erfolgen.

Erste Erfahrungen zeigen eine sehr positive Resonanz bei Schülern/-innen, Lehrern/-innen und Eltern.

Abb. 13

Dies lässt sich beispielsweise an der Bereitschaft bei den Kolleginnen und Kollegen sehen, wieder ein Projekt zu leiten bzw. ein Modul durchzuführen (Abb. 13). An dieser Stelle ein Dank an alle Kolleginnen und Kollegen für Ihren Mut und Engagement, sich an dem Curriculum zu beteiligen.

Seit dem Pilotprojekt im Schuljahr 2001/02 wird das das Medien und Methodencurriculum seit dem Schuljahr 2002/2003 in allen 6. und 7. Jahrgangsstufen durchgeführt. Bei den Projekten der 7. Klassen wurden vergleichsweise zum letzten Jahr inhaltlich deutlich bessere Ergebnisse erzielt. Da diese Klassen im zweiten Jahr am Medien- und Methodencurriculum beteiligt sind, ist dies ein Beleg für den sukzessiven Aufbau von Medien- und Methodenkompetenz durch das stufenweise Konzept (siehe Abb. 1). Durch die bereits aufgebaute Medien- und Methodenkompetenz der Schülerinnen und Schüler einerseits und durch die größere Erfahrung der Kolleginnen und Kollegen bei Projekten mit Einsatz neuer Medien andererseits konnten sich Lernende und Lehrende auf die Inhalte der Projektthemen konzentrieren und mussten weniger Zeit für anwendungs- und ablauftechnische Fragen aufwenden.

Aktuelle Entwicklungen werden unter www.gymnasium-ottobrunn.de dokumentiert.

Literaturverzeichnis

[Br99] Brichzin, P.: Multimediales Arbeiten in einer Notebook-Klasse. Schriftliche Hausarbeit, München 1999, http://www.brichzin.de/publikationen/

[Br02] Brichzin, P.: Digitale Bilder. In: Brichzin, P.; Stolpmann, E. (Hrsg.): Computer und Unterricht 48 (2002), Erhard Friedrich Verlag, Seelze 2002

[BBGW02] Büttgen, U.; Brichzin, P., Göhler, T.; Waidelich, K.: Die Bedeutung eines Medienkonzeptes für die Schulentwicklung. In Vorndran, O.; Zotta, F.: Schulen, für die Wissensgesellschaft, Verlag der Bertelsmann Stiftung, Gütersloh 2002

[EL00] Ewringmann, G.; Loders, A.: Unterrichtsbausteine zum Methodentraining 6. Klasse. Schulintern, Gymnasium Ottobrunn, 2000

[Ha99] Hauf-Tulodziecki, A.: Informatische Bildung und Medienerziehung. In [Sc99] S. 121-129

[GT00] Göbel. R.; Thade E.: Teamentwicklung durch Akrobatik. Modulkonzept und -durchführung. Schulintern, Gymnasium Ottobrunn, 2001

[Hu00] Hubwieser, P.: Didaktik der Informatik. Springer, Berlin 2000

[Kl95] Klippert, H.: Methoden-Training. Beltz Verlag 1995

[Mu98] Multimediagruppe des Michaeli-Gymnasiums München: Bericht Notebook-Klasse 1997/98. München 1998, http://www.mgm.musin.de

[Ra00] Kultusminister Baden-Württemberg: Rahmenplan Informationstechnische Bildung im Gymnasium. Schulversuch, Stuttgart 2000

[Ne01] Nesbeda, U.: "Betriebswirtschaft", Projektkonzept und -durchführung. Schulintern, Gymnasium Ottobrunn, 2001

[Sc93] Schulz-Zander R.: Veränderte Sichtweisen für den Informatik-Unterricht. GI-Empfehlungen für das Fach Informatik in der Sekundarstufe II allgemeinbildender Schulen, in [Tr93] S. 203-218

[Sc99] Schwill A. (Hrsg.): Informatik und Schule - Fachspezifische und fachübergreifende didaktische Konzepte. 8. GI-Fachtagung "Informatik und Schule", Potsdam 1999, Informatik aktuell, Springer, Berlin 1999

[TM98] Ergebnisse des Modellversuchs "Differenzierte Medienerziehung als Element allgemeiner Bildung" des BLK-Gemeinschaftsprojektes der Länder NRW und Sachsen, Paderborn, 1998

[Tr93] Troitzsch K.G. (Hrsg.): Information als Schlüssel zur Qualifikation. 5. GI-Fachtagung "Informatik und Schule", Koblenz 1993, Informatik aktuell, Springer, Berlin 1993



[1] Hiermit sind Informations- und Kommunikationssysteme gemeint, die eine automatische Verarbeitung von Daten und Interaktionen mit menschlichen Benutzern ermöglichen und die vernetzt sind [s.a. Ha99]. Solche Systeme werden an anderer Stelle auch als Informatiksysteme [s. Sc93] bezeichnet.

[2] Einzelanwendungen werden innerhalb der Module erprobt. Grundlage ist H. Klippert, Methoden-Training. Übungsbausteine für den Unterricht, 1998, S. 27ff.

[3] Informatische Bildung grenzt sich zur informationstechnischen Grundbildung dadurch ab, dass die Betonung auf grundlegenden Konzepten und nicht auf technischen Einzelheiten liegt [siehe z.B. Hu00]. Der Vorteil liegt in langlebigen Erkenntnissen unabhängig von kurzlebigen technischen Strömungen.


Comments